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EuGH bejaht Entschädigungsanspruch trotz "Wilden Streiks" bei TUIfly

Der EuGH bestätigt Entschädigungsansprüche von Flugreisenden, deren Flug sich aufgrund eines sog. "Wilden Streiks" des Personals der Fluglinie verspätet hat oder ganz gestrichen wurde.

Das höchste Gericht der Europäischen Union hat mit Urteil vom 17.4.2018 (Az. C-195/17) vorab über zahlreiche Vorlagen des AG Hannover entschieden, welches als örtlich zuständiges Gericht am Sitz der betroffenen Fluggesellschaft TUIfly über die Frage zu entscheiden hat, ob sog. "Wilde Streiks" des Flug- und Bodenpersonals einen nach der FluggastrechteVO nicht entschädigungspflichtigen außergewöhnlichen Umstand darstellen.

Das AG Hannover und in ersten Berufungsentscheidungen auch das LG Hannover hatten über diese über einen Entschädigungsanspruch der Flugreisenden entscheidende Frage höchst unterschiedlich geurteilt. Die Richter des EuGH stellten nun mit ihrer Entscheidung richtungsweisend klar, dass jedenfalls im Fall der massenhaften Krankmeldungen bei TUIfly im Oktober 2016 ein außergewöhnlicher, weil nicht beherrschbarer Umstand nicht vorgelegen hatte.

Zur näheren Begründung führte der EuGH an, dass die zu den massenhaften spontanen Krankmeldungen des Kabinenpersonals führenden Gründe von der Fluggesellschaft vorhersehbar und deshalb beherrschbar gewesen seien. Denn so sei den sich über mehrere Tage erstreckenden Ereignissen die Ankündigung innerbetrieblicher Umstrukturierungspläne vorausgegangen, die eine zu erwartende Reaktion bei der Belegschaft ausgelöst habe. TUIfly habe derartige "Umutsbekundungen" der Belegschaft erwarten und entsprechende Vorsorge treffen müssen. Eine Unvorhersehbarkeit habe deshalb nicht bestanden.

Praxistipp:
Sollten Sie von einer Flugverspätung oder -annullierung bei TUIfly in jenen Tagen wegen des "Wilden Streiks" betroffen sein, so lohnt sich die Verfolgung Ihrer Rechte nun einmal mehr. Das AG Hannover hatte - soweit bekannt - in seinen Entscheidungen stets die Berufung, und das LG Hannover sodann auch die Revision zugelassen, selbst wenn die Entschädigungsbeträge unterhalb der Wertgrenze von 600,00 € lagen. Anhängige Verfahren stehen danach nun ggf. unter einem neuen Vorzeichen, noch nicht (gerichtlich) verfolgte Ansprüche lassen erhöhte Erfolgschancen erwarten.